Formaldehyd übersteigt den Grenzwert Teil 5

Die hergestellten Schrankwände sind Sonderanfertigungen

Sie geben dem so ausgestatteten Raum eine bestimmte Eigenart, durch die der Gesamtcharakter des Wohn- hauses des Klägers mitbestimmt wird. Soweit in der Rechtsprechung (OLG Schleswig, NJW-RR 1988, 1459; OLG Düsseldorf, OLGZ 1988, 115) demgegenüber eine Schrankwand bzw. eine Schranktrennwand nicht als wesentlicher Bestandteil im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB angesehen worden ist, ist der Sachverhalt, der diesen Entscheidungen zugrunde liegt, mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. In jenen Fällen ist die Schrankwand aus serienmäßig hergestellten Teilen hergestellt worden. Das ist hier nicht der Fall.

 

Nach dem Leistungsverzeichnis des Klägers, das Bestandteil des Werkvertrages geworden ist, ...waren ausgeschrieben "1 Stck. Einbauschrank entspr. Plan Nr. 1, ca. 4,00 m lang, ca. 0,80 m tief ..." bzw. "1 Stck. entspr. Plan Nr. 2, ca. 4,50 m lang u. ca. 0,98 m tief ...". Diese Angaben zeigen, dass die vom Beklagten hergestellten Schrankwände Sonderanfertigungen sind, die, wie die Cirka-Maße belegen, vor Ort den vorgegebenen Verhältnissen besonders anzupassen waren. Im Gegensatz zu den vom OLG Schleswig (a.a.O.) und vom OLG Düsseldorf (a.a.0.) entschiedenen Fällen können die: vom Beklagten hergestellten Schrankwände mangels Verwendung serienmäßig hergestellter Einzelteile gerade nicht ohne weiteres ohne Änderung ihrer Funktion in einem anderen Raum oder Gebäude wieder aufgebaut werden.

 

Das zeigt sich besonders an den in beiden Schränken eingebauten Zimmertüren, die normalerweise in anderen Räumen bzw. Bauwerken nicht verwendbar wären. Vor Entfernung dieser Türen könnten die Schrankwände überhaupt nicht benutzt werden. Eine solche Entfernung würde aber die gesamte Konstruktion der Schrankwände verändern. Aus diesen Gründen steht die zitierte Rechtsprechung der Senatsentscheidung nicht entgegen.

Eine Verjährungsfrist von fünf Jahren

(b) Die Anwendung des § 94 Abs. 2 BGB hat zur Folge, dass der Beklagte keine bewegliche Sache hergestellt hat, für die die Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB von sechs Monaten in Frage käme. Vielmehr hat der Beklagte entweder "Arbeiten bei Bauwerken" oder "Arbeiten an einem Grundstück" ausgeführt hat, für die § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 3, 2 BGB eine Verjährungsfrist von fünf Jahren bzw. einem Jahr vorsieht. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es unerheblich, ob die Voraussetzungen des Falles 3 "Arbeiten bei Bauwerken" .oder nur die des Falles 2 "Arbeiten an einem Grundstück" des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben sind.

 

Eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, die mit der Abnahme am 13.1.1987 zu laufen begann, ist ohne Zweifel durch die Klageerhebung bzw. -einreichung rechtzeitig unterbrochen worden. Das gilt auch bei Annahme von "Arbeiten an einen Grundstück", denn eine einjährige Verjährungsfrist wäre gemäß § 639 Abs. 2 BGB mindestens um 14 Tage, die zwischen dem (normalen) Ablauf der Verjährungsfrist am 13.1.1988 und dem 27.1.1988, dem Tag der Einreichung der Klageschrift, zur Wahrung bzw. rechtzeitigen Hemmung/Unterbrechung der Verjährungsfrist von einem Jahre fehlen, dadurch gehemmt worden, dass der Beklagte sich im gemeinsamen Ortstermin vom 17.9.1987 bereiterklärte, durch seinen Holzlieferanten, die Streithelferin, eine gutachterliche Überprüfung einzuholen.

 

Den entsprechenden WKI-Prüfbericht vom 28.10.1987 übersandte der Beklagte den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Anwaltsschreiben vom 6.11.1987. Daraus folgt, dass zumindest zwischen dem 17.9. und dem 8.11.1987, dem angenommenen Zugang des Anwaltsschreibens des Beklagten vom 6.11.1987 bei den Anwaltsvertretern des Klägers, die Verjährungsfrist gehemmt war, so dass sie bei Einreichung der Klageschrift am 27.1.1988 noch nicht abgelaufen gewesen ist.

Arbeiten bei Bauwerken

(2) Ungeachtet der rechtzeitigen Hemmung bzw. Unterbrechung einer vorstehend angenommenen einjährigen Verjährungsfrist ist der Senat der Ansicht, dass es sich bei der Herstellung der Schrankwände um "Arbeiten bei Bauwerken" handelt, so dass tatsächlich die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 3 BGB einschlägig ist.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BauR 1990, 351, 352 = NJW-RR 1990, 787) sind unter "Arbeiten bei Bauwerken" im Sinne des § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 3 BGB nicht nur Arbeiten zur Herstellung eines neuen Gebäudes zu verstehen, sondern auch Arbeiten, die für die Erneuerung oder den Bestand eines Altbaus von wesentlicher Bedeutung sind, sofern die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind.

 

Welche Instandsetzungs- oder Änderungsarbeiten an einem bestehenden Gebäude als "bei Bauwerken" geleistet anzusehen sind, kann nicht allgemein, sondern nur von Fall zu Fall entschieden werden (BGH, a.a.0.). Für den Begriff der "festen" Verbindung mit dem Gebäude kommt es nach der weiteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.0.) lediglich darauf an, dass die - z.B. zu einer Einbauküche zusammengesetzten - Teile mit dem Gebäude "eng und auf Dauer" verbunden worden sind. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die vom Beklagten hergestellten beiden Schrankwände vor.

 

Der Kläger ist Eigentümer des Wohnhauses, dessen Untergeschoss, in dem sich das hier fragliche Schlafzimmer befindet, seinerzeit vollkommen neu umgebaut wurde. Die oben geschilderte Art und Weise, wie die Schrankwände mit Wände und Decken verbunden sind, wie sie den Raum umgestaltet und zugleich bauliche Maßnahmen wie den Einbau von Zimmertüren entbehrlich gemacht haben, sowie der erhebliche Kostenaufwand des Klägers ergeben eindeutig, dass die Schrankwände im Sinne vorgenannter Grundsätze auf Dauer mit dem Baukörper verbunden worden sind.

 

Die auf Dauer angelegte Verbindung mit dem Wohnhaus des Klägers ist auch "eng" im Sinne obiger Definition. Der Bundesgerichtshof hat es in seiner neuerlichen Entscheidung vom 15.2.1990 (BauR 1990, 351 = NJW-RR 1990, 787) zum Merkmal "feste" bzw. "enge" Verbindung beim Einbau von Küchenmöbeln genügen lassen, dass die gelieferte Einbauküche unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten mit besonderen Konstruktionen speziell eingepasst worden war. Dem entspricht nach Ansicht des Senates im vorliegenden Falle der Umstand, dass die Schrankwände, wie oben geschildert, den vorgegebenen baulichen Besonderheiten angepasst und mit der Decke bzw. einer heruntergezogenen Decke verbunden wurden.

Die Herstellung der Schrankwände

Dabei kommt es angesichts der geringen Anforderungen, die der Bundesgerichtshof (a.a.O.) an die Einpassung der Einbauküchenmöbel stellt, nicht auf den Streit der Parteien an, ob die Schrankwände mit dem Fußboden und der Decke lediglich bündig abschließen - so der Sachvortrag des Beklagten - oder ob sie zusätzlich verschraubt sind und eine Demontage der Schrankwände auch zur Beschädigung der abgehängten Gipskartondecke führen würde - so die Behauptungen des Klägers -.

 

Die Herstellung der Schrankwände ist im Rechtssinne für die Erneuerung des Hauses des Klägers von wesentlicher Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BauR 1990, 351; 353 = NIW-RR 1990, 787) ist für die Beurteilung der wesentlichen Bedeutung einer Leistung als "Arbeit bei Bauwerken" maßgeblich die Zweckbestimmung, nämlich unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel die Wohnung im Rahmen des Umbaus in einer modernen Wohnanspruch genügenden Weise herzustellen. Dabei kann dieser Zweck auch in der Gestaltung eines Raumes seinen Ausdruck finden (BGH, a.a.O.).

 

Diesen Anforderungen genügt die Herstellung der beiden Schrankwände durch den Beklagten. Der Einbau von Schrankwänden entspricht modernen Wohnansprüchen. Dies gilt hier umso mehr, als der Kläger durch die beiden Schrankwände, wovon eine doppelseitig benutzbar ist, nicht nur erheblichen Schrankraum geschaffen, sondern darüber hinaus ein zusätzlichen Raum (sog. Ankleidezimmer) gewonnen hat, für dessen Errichtung ansonsten umfangreiche Baumaßnahmen notwendig gewesen wären. Der Kläger hat zur Erreichung des mit dem Umbau verfolgten Zwecks erhebliche finanzielle Mittel aufgewandt.

 

Er hat nicht nur an den Beklagten für dessen Arbeiten im Zusammenhang mit der Herstellung der beiden Schrankwände eine Vergütung von 11.977,98 DM gezahlt, sondern darüber hinaus den Maler entlohnen müssen, der die Schrankwände zum Teil zusätzlich angestrichen hat. Darüber hinaus hat der Kläger erhebliche Beträge für die architektonische Planung und Ausschreibung dieser Umbaumaßnahme aufwenden müssen. Unter diesen Umständen und mit Rücksicht darauf, dass es sich um das eigene Haus des Klägers handelt, das dieser selbst nutzt, bestehen nach Ansicht des Senates keine Zweifel, die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "Arbeiten bei Bauwerken" im Sinne von § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 3 BGB vorliegen.

Die fünfjährige Verjährungsfrist

(3) Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S.1 Fall 3 BGB greift auch ein, wenn der zwischen den Parteien über die Herstellung der Schrankwände abgeschlossene Vertrag entgegen der oben dargelegten und begründeten Auffassung des Senates nicht als reiner Werkvertrag im Sinne von § 651 Abs. 2 BGB, sondern als Werklieferungsvertrag im Sinne von § 651 Abs. 1 BGB qualifiziert würde. Da der Beklagte die Schrankwände nach besonderen Plänen herzustellen hatte, würde es sich um eine unvertretbare Sache im Sinne von § 651 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB handeln.

 

Über die dortige Verweisung wäre wiederum Werkvertragsrecht und damit § 638 Abs. 1 BGB anzuwenden. Die Rechtsnatur dieses Vertrags würde nichts an dem Ergebnis ändern, dass es sich um "Arbeiten bei Bauwerken" handelte. Es wird auf die vergleichbare Rechtsprechung des Bundesgerichts (BauR 1990, 351 = NIW-RR 1990, 787) zum nachträglichen Einbau einer Kücheneinrichtung verwiesen.

 

bb) Da die fünfjährige Verjährungsfrist rechtzeitig unterbrochen worden ist, steht dem begründeten Klageanspruch die Einrede der Verjährung nicht entgegen.

 

3. Die Klage auf Minderung der gezahlten Werklohnforderung ist dagegen unbegründet, soweit der Kläger behauptet, auch das vom Beklagten aufgrund besonderer Verträge hergestellte Doppelbett, das im selben Raum steht wie die vorgenannten Schrankwände, und der Eckschrank seien aufgrund überhöhter Emission von Formaldehyd im Sinne von § 633 Abs. 1 BGB mangelhaft.