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Lieferzeiten

Eine Lieferzeit bis zu drei Monaten im Möbelhandel ist noch im marktüblichen Bereich

 

 

Aktenzeichen 275 C 34636/05 Amtsgericht München vom 27.04.2006

 

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.785,- Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Juli 2005 zzgl. 155,45,- Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu bezahlen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagtenpartei.

 

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Der Streitwert wird auf 4.785,- festgesetzt.

Zwei Schlafzimmerschränke und eine Bettanlage

 

Tatbestand:

 

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückgewähr einer geleisteten Anzahlung wegen Rücktritts vom Vertrag.

 

Der Kläger bestellte bei der Beklagten im Februar 2005 zwei Schränke und eine Bettanlage nebst Zubehör in Höhe von insgesamt 8.800,- Euro. Hierauf leistete der Kläger eine Anzahlung von 4.450,- Euro. Im Februar 2005 erteilte der Kläger einen Folgeauftrag für die Lieferung eines Nachttisches und einer Tischlampe zum Preis von insgesamt 670,- Euro. Hierauf leistete der Kläger eine Anzahlung von 335,- Euro. Mit Schreiben vom Mai 2005 erklärte die Beklagte, dass die Auftragsbestätigung des Herstellers noch nicht vorliege und die Möbel voraussichtlich (unbestätigt) in der 22. Kalenderwoche geliefert werden dürfen. Mit Schreiben vom Juni 2005 bestätigte die Beklagte den Erhalt des Schreibens der Klagepartei vom Mai 2005.

 

Mit Schreiben vom Juni 2005 verwies der Kläger auf sein Schreiben vom Mai 2005 und erklärte, er lehne eine eventuelle nachträgliche Warenlieferung ab und forderte die Beklagte auf, die Anzahlung von 4.785,- Euro an ihn bis zum Juni 2005 zu überweisen.

 

Die Herstellerfirmen hatten der Beklagten für den Schrank einen Liefertermin in der 39. Woche und für die Bettanlage im Dezember 2005 mitgeteilt.

 

Der Kläger trägt im wesentlichen vor, bei der Auftragserteilung habe der für die Beklagte tätige Zeuge eine Lieferzeit von fünf Wochen für die Bettanlage und eine Lieferzeit von sieben bis acht Wochen für die beiden Schlafzimmerschränke zugesagt. Mit Schreiben vom Mai 2005 habe er der Beklagten eine Nachfrist für die Lieferung bis zum Mai 2005 gesetzt und gleichzeitig für den Fall der Nichterfüllung den Rücktritt von den Verträgen erklärt.

Der Kläger beantragt:

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von 4.785,- Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Juli 2005 zu bezahlen.

 

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtlich angefallene und nicht anrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 155,45,- Euro zu erstatten.

 

Die Beklagte beantragt:

 

Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

 

Die Beklagte trägt im wesentlichen vor, es sei keine verbindliche Lieferfrist vereinbart worden. Es gälte eine angemessene und ortsübliche Lieferfrist von drei bis vier Monaten. Bei der Firma des Herstellers sei die Lieferfrist deutlich länger. Der Zeuge habe von Anfang an von „langen Lieferzeiten gesprochen“. Es werde bestritten, dass das Schreiben vom Mai 2005 mit dem Rückschein vom Mai 2005 zugestellt worden sei. Die längeren Lieferzeiten seien von der Beklagten nicht zu vertreten.

 

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

15 Wochen auf zwei Schränke und eine Bettanlage zu warten, ist einfach zu lange

  

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Klage ist begründet.

 

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung von 4.785,- Euro (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB).

Der Kläger ist mit Schreiben vom Juni 2006 wirksam vom Vertrag zurückgetreten mit der Folge , dass die Beklagte die geleisteten Anzahlungen zurück zu gewähren hat.

 

Dahinstehen kann, ob die Parteien die von dem Kläger behaupteten Lieferzeiten von fünf Wochen für die Bettanlage und von sieben bis acht Wochen für die Schränke vereinbart haben, denn der Anspruch der Klagepartei ist auch dann gegeben, wenn keine Lieferfrist vereinbart worden ist.

 

In diesem Fall wird gemäß § 271 BGB die Leistungszeit durch die Umstände bestimmt. Zu berücksichtigen sind dabei die Natur des Schuldverhältnisses, die Verkehrssitte und die Beschaffenheit der Leistung.

 

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung liegt bei Markenmöbeln eine Lieferzeit von bis zu drei Monaten noch im marktüblichen Bereich. Da vorliegend die Bestellungen der Schränke und der Bettanlage im Februar 2005 und die Bestellung des Nachttisches und der Tischlampe im Februar 2005 erfolgten, ist die Nachfristsetzung gem. § 323 I BGB im Schreiben vom Mai 2005 vor Ablauf von drei Monaten und somit vor Fälligkeit erfolgt.

 

Jedoch war im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung mit Schreiben vom Juni 2005 eine Nachfristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB nicht erforderlich. Nach dieser Bestimmung ist eine Nachfristsetzung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Dies ist hier der Fall.

 

Der Kläger setzte der Beklagten mit Schreiben vom Mai 2005 eine eine Frist zur Lieferung für die am 26.03.2005 und 28.02.2005 bestellten Möbel bis zum 25.05.2005. Die Beklagte teilte dem Kläger unstreitig mit Schreiben vom 12.05.2005 mit, dass eine Auftragsbestätigung des Herstellers noch nicht vorliege und die Möbel voraussichtlich unbestätigt in der 22. Kalenderwoche, d.h. in der Woche vom 30.05.2005 bis 05.06.2005, geliefert werden. Bis zum Rücktrittsschreiben vom 16.06.2005 erfolgte jedoch keine Lieferung. Die Beklagte teilte dem Kläger bis zum 16.06.2005 auch nicht mit, wann die Lieferung nun tatsächlich erfolgen wird.

In Anbetracht der Umstände, dass seit der Bestellung bis zur Rücktrittserklärung am 16.06.2005 15 Wochen und 5 Tage vergangen waren und die Beklagte dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt immer noch keinen verbindlichen Liefertermin genannt hatte, erscheint ein sofortiger Rücktritt vom Vertrag ohne Nachfristsetzung gerechtfertigt. Dem Kläger war ein weiteres Zuwarten unzumutbar. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Herstellerfirmen der Beklagten Lieferzeiten für den Schrank in der 39. Kalenderwoche 2005 (d.h. Zwischen 26. und 30.09.2005) und für die Bettanlage den 19.12.2005 genannt hatten. Die Lieferung des Schrankes sieben Monate und des Bettes ca. 9,5 Monate nach Bestellung ist in keinem Fall mehr als üblich anzusehen. Auf solche ungewöhnlichen langen Lieferzeiten hätte der Kunde bei Vertragsschluss ausdrücklich hingewiesen werden müssen. Dass dies der Fall war, hat die Beklagte nicht dargelegt. Der behauptete unbestimmte Hinweis auf „lange Lieferzeiten“ durch den Zeugen genügt hierfür nicht. Im übrigen hatte die Beklagte selbst in ihrem Schreiben vom 12.05.2005 eine erheblich kürzere voraussichtliche Lieferzeit genannt.

 

Nachdem ein wirksamer Rücktritt des Klägers vom Vertrag vorliegt, hat die Beklagte gem. § 346 BGB die vom Kläger unstreitig geleisteten Anzahlungen zurück zu gewähren.

 

Die Beklagte schuldet Zinsen und vorgerichtliche Kosten gem. §§ 286, 280 II, 288 BGB seit Ablauf der mit Schreiben vom 16.06.2005 gesetzten Frist zum 30.06.2005.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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