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Fristversäumnis

Der Kläger versäumte eine erstinstanzliche wichtige Frist

 

 

Aktenzeichen 3 S 160/15 Landgericht Arnsberg vom 18.11.2015

 

Die Berufung des Klägers gegen das am 03.07.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Werl (4 C 210/14) wird als unzulässig verworfen.

 

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

 

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

 

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.950,00 Euro festgesetzt.

 

Tipp: Unterschätzen Sie nicht die Wichtigkeit von Fristen!

 

Gründe:

 

Durch das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Werl vom 03.07.2015 wurde die Klage auf Zahlung von 1.950,00 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rücknahme eines Doppelbettes und zwei Nachttischkonsolen abgewiesen.

 

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 09.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.08.2015 Berufung eingelegt. Durch Verfügung vom 11.09.2015 ist antragsgemäß die Frist zur Begründung der Berufung des Klägers bis zum 09.10.2015 einschließlich verlängert worden. Mit Schreiben der Kammer vom 13.10.2015 sind die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Bezugnahme auf eine bis dahin nicht eingegangene Berufungsbegründung auf die beabsichtigte Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig hingewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 27.10.2015, eingegangen per Fax am gleichen Tage, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und dazu vorgetragen, die sorgsam ausgebildete und gewissenhaft arbeitende Sekretärin des sachbearbeitenden Rechtsanwaltes habe es verabsäumt die Frist zur Begründung der Berufung in den elektronisch geführten Fristenkalender einzutragen.

 

Üblicherweise werde die gesamte Post der Kanzlei vollständig eingescannt; gleichzeitig würden entsprechende Fristen in den elektronisch geführten Fristenkalender des sachbearbeitenden Rechtsanwaltes eingetragen. Die Eintragung und Überwachung der entsprechenden Fristen obliege der jeweiligen Sekretärin des Sachbearbeiters. Die eingetragene Frist werde dann im Handkalender des jeweiligen Sachbearbeiters in elektronischer Form angezeigt und tagtäglich auf seinen Schreibtisch gelegt. Aufgrund eines urlaubsbedingten Bearbeitungsrückstandes erkläre sich die versäumte Fristeintragung.

Die Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsgesuch entgegengetreten.

 

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil er seine Berufung im Rahmen der Berufungsbegründungsfrist nicht begründet hat.

 

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen. Denn die Fristversäumnis beruht auf einem dem Kläger zurechenbaren Organisations- bzw. Überwachungsverschulden seiner Rechtsanwälte.

 

Grundsätzlich hat der Rechtsanwalt sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (siehe etwa BGH, Beschluss vom 10.10.1991 – VII ZB 4/91). Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung darf die elektronische Kalenderführung eines Prozessbevollmächtigten grundsätzlich keine geringe Überprüfungssicherheit bieten als die eines herkömmlichen Fristenkalenders.

Das tatsächliche Erfassen der Frist

Ein anwaltliches Organisationsverschulden ist danach darin zu sehen, dass Eingaben in den EDV – Kalender nicht durch die Ausgabe der eingegebenen Einzelvorgänge über den Drucker oder durch Aussage eines Fehlerprotokolls durch das Programm kontrolliert werden ( BGH NJW 2010, 1363 ff., BGH NJW-RR 2006, 500 m.w.N.). Die Fertigung eines Kontrollausdrucks ist erforderlich, um nicht nur Datenverarbeitungsfehler des EDV-Programms, sondern auch Eingabefehler oder Versäumnisse mit geringen Aufwand rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen.

 

Der Kläger hat eine derartige Kontrolle nicht dargetan (§ 236 Abs. 2 ZPO). Zwar ist gemäß dem Vortrag des Klägers davon auszugehen, dass die von seinem Prozessbevollmächtigten mit der Fristeintragung betraute Büroangestellte die in den Computer eingegebenen Fristen täglich ausdruckt und dem Rechtsanwalt vorlegt. Dazu, dass die Sekretärin angewiesen war, das tatsächliche Erfassen der Frist und die Richtigkeit der Eintragung anhand eines Kontrollausdrucks zu überprüfen, ist indessen nicht vorgetragen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um einen Ausnahmefall handelt, d.h. Das für die Fristeneintragung zuständige Personal die erforderlichen Prüfungen sonst immer vorgenommen hat oder zumindest eine entsprechende Anweisung bestand. Der Kläger hat damit nicht dargelegt, dass sein Prozessbevollmächtigter durch geeignete Organisationsmaßnahmen die Kontrolle der Fristeingabe gewährleistet hat, so dass sein Wiedereinsetzungsgesuch unbegründet ist.

 

Darüber hinaus ist die Berufung jedoch auch unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Klageantrag des Klägers abgewiesen. Nach dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger nicht bewiesen, dass die von ihm bei der Beklagten gekauften Möbel mangelhaft sind. Die Ausführungen in der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

 

Die Kammer ist insbesondere nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, soweit keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht.

 

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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