Die Verkürzung der Gewährleistungsfrist

Zum Probesitzen und zum Testen

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Forderung auf Beseitigung der Beanstandung ist allein schon dahingehend unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllung verjährt ist. Eine Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr ist zulässig, wenn es sich bei der Kaufsache um eine gebrauchte Sache handelt.

 

Gebraucht ist eine Sache im Sinne des § 475 II BGB, wenn sie bereits bestimmungsgemäß genutzt wurde. Benutzte Sachen sind nämlich mit einem höheren Sachmängelrisiko behaftet. Bei dem hier vorliegenden Sachverhalt handelt es sich um ein Ausstellungsstück, das in unserem Ausstellungsraum benutzt wurde.

 

So ist es eine gebrauchte Sache, die täglich mehrmals ausprobiert, vorgeführt und benutzt wird. Dieses Angebot wird genutzt zum Probesitzen und zum Testen der Stabilität. Durch diese Nutzung, die die Nutzung im privaten Bereich ohne weiteres erreichen kann, liegt eine gebrauchte Sache vor.

 

Grundsätzlich sind Polstermöbel, die als Ausstellungsstück dienen, daher gebrauchte Sachen. Die Benutzung durch Besucher der Ausstellung ist als bestimmungsgemäße Nutzung anzusehen. Das dadurch gesteigerte Mängelrisiko rechtfertigt die Verkürzung der Gewährleistungsfrist somit auf ein Jahr. Den Ausgleich dafür bildet der Preisvorteil des Käufers, denn Ausstellungsstücke sind in der Regel deutlich preisreduziert.

Der Gewährleistungsausschluss

Zur Sache selbst ist anzumerken:

 

Das die Erfolgsaussichten maßgeblich davon abhängen, ob das Gericht der hiesigen Auffassung zu dem Gewährleistungsausschluss folgt. Insoweit stellt sich die Rechtslage ein wenig problematisch dar. Grundsätzlich ist im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs die Gewährleistungsfrist für gebrauchte Waren auf ein Jahr reduziert und auch somit Ausstellungsstücke mit einbezogen.

 

Insoweit ist die Rechtsprechung allerdings uneinheitlich. Der BGH hatte mal entschieden, dass Ausstellungsfahrzeuge selbst dann, wenn sie eine Tageszulassung haben und kurzfristig als Probefahrzeuge eingesetzt worden sind, nicht als gebrauchte Sachen anzusehen sind. Vor diesem Hintergrund können daher Ausstellungsstücke sicherlich nicht grundsätzlich als gebrauchte Sachen anzusehen sein. Vielmehr ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen.

 

Dies bedeutet, dass auf Grund der aktuellen Entwicklung die gegenwärtige Klausel in den AGB so einer Inhaltskontrolle in der Tat nicht Stand hält, da Ausstellungsstücke nicht pauschalisiert als gebrauchte Waren angesehen werden können.

Die Verarbeitung an den Nähten

Klage:

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 999,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2010 Zug um Zug gegen Rücknahme der Polstergarnitur zu zahlen.

 

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der im Klageantrag zu 1. bezeichneten Polstergarnitur in Annahmeverzug befindet.

 

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 155,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2010 freizustellen.

 

4. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 331 Abs. 3 ZPO zu entscheiden.

 

Begründung:

 

I. Der Kläger erwarb am 09.07.2008 bei der Beklagten die im Klageantrag zu 1. bezeichnete Polstergarnitur aus der Ausstellung zu einem Kaufpreis in Höhe von € 999,00.

 

Beweis: Bestellung vom 09.07.2008, Anlage K 1.

 

Die Auslieferung erfolgte am 18.09.2008.Zu Beginn des Jahres 2010 musste der Beklagte feststellen, dass sich auf der Sitzfläche der Bezug der Polstergarnitur an der Naht löste. Durch die Ablösung an der Naht setzte sich der Ablösevorgang des Bezuges vom Unterstoff auch auf der Sitzfläche fort.

 

Hierbei handelt es sich um einen Mangel, welcher bereits beim Kauf der Polstergarnitur vorlag. Die Verarbeitung an den Nähten war unzureichend. Andernfalls hätte ein Ablösen zunächst an der Naht und sodann auch auf der Sitzfläche nicht stattfinden können.

 

Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens.

 

Darüber hinaus war auch der verwendete Polsterstoff mangelbehaftet, da dieser sich immer weiter vom Unterstoff löste.

 

Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens.

 

Der Kläger rügte den Mangel. Die Beklagte wies jedoch jegliche Gewährleistungsansprüche mit Schreiben vom 10.02.2010 zurück.

 

Beweis: Schreiben der Beklagten vom 10.02.2010, Anlage K 2.

 

Die Beklagte wurde nochmals mit Schreiben der Prozeßbevollmächtigen des Klägers vom 03.03.2010 zur Nacherfüllung aufgefordert. Nachdem die Ansprüche abermals zurückgewiesen worden waren erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schreiben der Prozeßbevollmächtigten vom 16.06.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, den erhaltenen Kaufpreis Zug um Zug gegen Rücknahme der Polstergarnitur bis zum 27.06.2010 zu erstatten.

 

Die Beklagte verweigerte die Rückabwicklung mit Schreiben vom 25.06.2010.

 

Beweis: Schreiben der Beklagten vom 25.06.2010, Anlage K 4.

 

Durch die außergerichtliche Inanspruchnahme der Prozeßbevollmächtigten des Klägers entstanden Rechtsanwaltskosten.

Ist die Klage ist begründet?

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 437 Nr. 2, § 346 Abs. 1 BGB zu. Die Couch - Garnitur war bereits bei Übergabe mangelhaft aufgrund der fehlerhaften Verarbeitung und aufgrund der Beschaffenheit des Stoffs.

 

Da die Beklagte jegliche Nachbesserung bzw. Nachlieferung verweigerte, stand dem Kläger der Rücktritt offen. Die Zinszahlungspflicht ergibt sich aus § 288 BGB. Der Kläger stellte die gekaufte Couch - Garnitur für die Rückabwicklung zur Verfügung. Aus diesem Grund ist auch der Klageantrag zu 2. begründet.

 

Die Forderung über € 155,30 stellt die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG dar, die der Kläger für die außergerichtliche Tätigkeit zu entrichten hat. Die Geschäftsgebühr ist aus Verzugsgesichtspunkten von der Beklagten zu tragen und kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103, 104 ZPO berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde ist sie bereits mit der Klage geltend zu machen. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich gemäß § 29 ZPO.

Sind etwaige Gewährleistungsansprüche verjährt ?

Info von moebelschlau:

 

Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet. Die Unbegründetheit der Klageanträge zu 1) und 2) ergibt sich bereits daraus, dass etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerseite verjährt sind. Insoweit liegt nämlich in § 11 Ziff. 1 bezogen auf die hier streitgegenständliche Ware ein wirksamer Gewährleistungsausschluss vor. Gem. § 475 II BGB besteht die Möglichkeit im Rahmen von Verbrauchsgüterverkäufen die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr zu reduzieren.

 

Die insoweit wirksam einbezogene Regelung in § 11 Ziff. 1 entspricht daher den Gesetzesvorgaben nach § 475 II BGB sowie § 309 Nr. 8ff BGB.

 

Das hier streitgegenständliche Ausstellungsstück stellt zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nämlich eine gebrauchte Sache im Sinne von § 475 II BGB dar. Zwar müssen Ausstellungsstücke nicht zwangsläufig als gebraucht angesehen werden. Anders verhält es sich aber dann, wenn diese Gegenstände über einen nicht unerheblichen Zeitraum hinweg als Probier- und Musterstücke tatsächlich verwendet worden sind (vgl. Schimmel/Buhlmann, Fehlerquellen im Umgang mit dem neuen Schuldrecht, 153f in Staudinger, BGB, 2004, § 475, Rn. 83).

 

Hierbei ist allerdings nicht nur auf das gebrauchsbedingte, sondern auch auf das altersabhängige Sachmängelrisiko abzustellen (vgl. Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Auflage, 2008, § 474, Rn. 14). Hiernach sind auch Gegenstände, die sich nicht physisch abnutzen durch den Zeitraum, der seit ihrer Herstellung vergangen ist, im Bezug auf ihre Herkunft und Echtheit einem erhöhten Sachmängelrisiko ausgesetzt (vgl. Münchener Kommentar, aaO).

 

Hiernach sind gebraucht daher Sachen, die vom Hersteller, Verkäufer oder einem Dritten bereits bestimmungsgemäß benutzt werden und dadurch bzw. durch ihr Alter einem erhöhten Sachmängelrisiko ausgesetzt sind (vgl. Münchener Kommentar, aaO). In Anbetracht der Tatsache, dass die hier streitgegenständliche Garnitur sich so lange in den Ausstellungsräumen der Beklagten befand, dass sie sogar zum Auslaufmodell wurde, war diese bereits auf Grund ihres Alters einem erhöhten Sachmängelrisiko ausgesetzt. Hinzu kommt, dass die Garnitur hier von der Beklagten als Verkäuferin bestimmungsgemäß benutzt und eingesetzt wurde, nämlich, indem sie tagtäglich zahlreichen Kunden zum Probesitzen und Austesten der Stabilität angeboten wurde.

Als Probier- und Musterstück

Die Garnitur befand sich damit nicht nur schlichtweg in den Ausstellungsräumen, sondern wurde über einen nicht unerheblichen Zeitraum als Probier- und Musterstück verwendet und damit entsprechend der gewöhnlichen Verwendung eingesetzt. Das durch diese langfristige Nutzung als Probier- und Musterstück bedingte erhöhte Sachmängelrisiko hat seinen Ausdruck auch in dem erheblichen Preisnachlass von 43,75 % gefunden, ein Umstand, der bereits in früherer Rechtsprechung ein entsprechender Indikator für das Vorhandensein einer gebrauchten Sache war (Münchener Kommentar, aaO).

 

In Anbetracht dieser Umstände stellte die Garnitur zweifelsohne eine gebrauchte Sache im Sinne von § 475 II BGB dar, für welche hier die Gewährleistungsbeschränkung auf ein Jahr nach § 11 Ziff. 1 der AGB der Beklagten einschlägig war. Dem gemäß sind die Gewährleistungsansprüche der Klägerseite verjährt. Namens und in Vollmacht der Beklagten wird hiermit ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhoben. Höchst vorsorglich und für den Fall, dass das Gericht dieser Auffassung nicht folgen sollte, würde sich an der Unbegründetheit der Klageanträge zu 1) und 2) nichts ändern.

 

In diesem Fall würde die Klage daran scheitern, dass tatsächlich zum Zeitpunkt der Übergabe kein Mangel vorlag, sondern das von der Klägerseite dargestellt Schadenbild Ausdruck einer unsachgemäßen und überobligatorischen Nutzung der Garnitur darstellt. Für derartige Umstände ist und kann die Beklagte natürlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. In Anbetracht der vorgenannten Umstände fehlt es bereits an einer Leistungsverpflichtung dem Grunde nach, so dass auch die geltend gemachten Zinsansprüche unbegründet sind.

 

In entsprechender Konsequenz ist auch der Klageantrag zu 3) unbegründet. Insoweit ist der Vortrag der Gegenseite i. ü. aber auch unschlüssig. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.