Klage wegen angeblicher Geruchsbelästigung durch Möbel abgewiesen – Amtsgericht Hagen bestätigt: Kein Sachmangel vorhanden
Im Zivilverfahren vor dem Amtsgericht Hagen (Az. 16 C 60/21) wurde die Klage zweier Käufer abgewiesen, die Mängelrechte aus einem Kaufvertrag geltend machten. Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Esszimmertisch mit sechs Stühlen des Modells „Norman“ aus Massivholz erworben und behaupteten, die Möbel würden einen süßlich-stechenden Geruch absondern, der eine Nutzung unmöglich mache.
Trotz mehrfacher Aufforderung zur Mängelbeseitigung und erklärtem Rücktritt vom Kaufvertrag, lehnte das Gericht die Klage ab. Die Kläger forderten die Rückzahlung von 1.226,91 €, die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 220,27 €.
Gerichtliches Gutachten: Kein Mangel nachweisbar
Das Gericht ließ ein Sachverständigengutachten erstellen, das zu dem Ergebnis kam, dass von den Möbeln keine relevante Geruchsbelästigung ausgeht. Die olfaktorische Prüfung durch mindestens sieben Testpersonen ergab einen durchschnittlichen Wert von 2,3 auf einer 5-stufigen Skala, was einem schwachen bis deutlichen, aber nicht belästigenden Geruch entspricht. Ein Mangel wäre erst ab einem Wert von 3 anzunehmen gewesen.
Die Prüfung erfolgte nach der DIN EN 16516:2020-10, einem anerkannten Standard zur Bewertung von Emissionen aus Bauprodukten. Das Gericht schloss sich den Feststellungen des Gutachtens vollumfänglich an.
Urteil: Klage unbegründet – Möbel nicht mangelhaft
Das Amtsgericht Hagen entschied, dass die Kläger den ihnen obliegenden Beweis für einen Sachmangel nicht erbringen konnten. Daher besteht kein Rücktrittsrecht, kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises und auch kein Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Vollständiges Urteil: Amtsgericht Hagen 16 C 60/21
Hat das Amtsgericht Hagen auf die mündliche Verhandlung vom 06.03.2024 durch den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Kläger machen Mängelrechte aus einem Kaufvertrag geltend. Sie kauften bei der Beklagten einen Esszimmertisch mitsamt 6 dazugehörenden Stühlen. Die Kläger behaupten, der Tisch und die Stühle würden ein massiv süßlich-stechendes Gas absondern. Ein Aufenthalt in unmittelbarer Nähe der Möbel sei aufgrund des intensiven und beeinträchtigenden Geruchs nicht möglich. Die von den Möbeln ausgehende Geruchsbelästigung sei nicht zu ertragen und auch nicht nach einer mehrtägigen Standzeit schwächer geworden.
Nachdem die Kläger die Beklagte mehrfach erfolglos zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatten, erklärten sie den Rücktritt und forderten die Rückzahlung des Kaufpreises. Die Kläger beantragen die Beklagte zu verurteilen, 1. an die Kläger 1.226,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zug um Zug gegen Übergabe eines Esstisches sowie 6 Stühle des Modells Norman aus Massivholz, zu zahlen.
2. festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit Juni 2021 mit der Rücknahme der im Klageantrag bezeichneten Gegenstände im Annahmeverzug befindet.
3. die Kläger von ihren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 220,27 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet die von den Klägern behaupteten Mängel. Die Möbel würden keinesfalls einen unerträglichen Geruch absondern. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte und insbesondere das Gutachten des Sachverständigen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Den Klägern stehen keine kaufvertraglichen Mängelansprüche zu. Sie haben keinen Anspruch, von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückzutreten und die Rückzahlung des Kaufpreises zu verlangen. Die von den Klägern bei der Beklagten gekauften Möbel - ein Esstisch und 6 Stühle - sind nicht mangelhaft. Dies steht aufgrund des überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen fest. Das Gericht schließt sich den darin getroffenen Feststellungen nach eigener Würdigung in vollem Umfang an. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass von den streitgegenständlichen Möbeln keine beeinträchtigende Geruchsbelästigung ausging.
Der Sachverständige hat zusammen mit seiner Assistentin zunächst selbst an den Möbeln gerochen und konnte keine nennenswerten Gerüche feststellen. Er hat die Möbel dann zur weiteren Untersuchung in ein externes Prüflabor geschickt. Dort wurden die Möbel in einem neutralen Raum von mehreren Testpersonen olfaktorisch untersucht. Die Testpersonen haben also an den Möbeln gerochen. Zwar geht aus dem Gutachten und dem beigefügten Laborbericht nicht das Alter und das Geschlecht der Testpersonen hervor. Aus den Unterlagen ist lediglich zu entnehmen, dass es sich um mindestens 7 Personen, davon mindestens 3 Frauen, gehandelt hat, die sich vor der Geruchsprüfung mindestens 10 Minuten in einem Raum mit reiner Luft aufgehalten haben.
Die Geruchsbelästigung wurde dann in einer 5-stufigen Skala von den Testpersonen eingeordnet, wobei die Note 1 einer Geruchslosigkeit und die Note 5 einem unerträglichen Geruch entspricht. Die Testpersonen beurteilten die Geruchsbelästigung insgesamt mit der Note 2,3, was anhand der dem Gutachten beigefügten Notenskala zwischen einem schwachen und einem deutlichen, aber nicht belästigenden Geruch liegt. Eine Mangelhaftigkeit ist erst dann anzunehmen, wenn die Testpersonen im Durchschnitt mindestens die Stufe 3, also einen deutlichen, nicht belästigenden Geruch festgestellt hätten. Insgesamt ist aufgrund des Gutachtens deshalb nicht positiv bewiesen, dass die streitgegenständlichen Möbel einen übermäßig starken und einen den Gebrauch beeinträchtigenden Geruch ausgesondert haben.
Den hierfür beweisbelasteten Klägern ist der entsprechende Beweis einer Mangelhaftigkeit der Möbel nicht gelungen. Zweifel an der Aussagekraft des Gutachtens ergeben sich auch nicht daraus, dass aus dem Gutachten das Alter, die Anzahl sowie das Geschlecht der Testpersonen nicht hervorgehen. Dies wäre zwar zu protokollieren gewesen. Es liegen aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Testpersonen zu einer olfaktorischen Prüfung nicht geeignet gewesen wären. Die von dem Testlabor durchgeführte Prüfung erfolgte nach festgelegten Standards, nämlich nach der DIN EN 16516:2020-10. Es bestehen keine konkreten Zweifel, dass die das Prüfergebnis verantwortenden Testpersonen nicht in Lage gewesen sind, eine aussagekräftige Prüfung der Geruchsbelästigung durchzuführen.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Testpersonen zumindest einen durchschnittlichen Geruchssinn gehabt haben und damit zur Beurteilung der Geruchsbeeinträchtigung in der Lage waren. Da die Möbel nicht mangelbehaftet sind, ist die Klage unbegründet. Da die Beklagte mangels eines Rücktrittsrechtes der Kläger nicht zur Rücknahme der Möbel verpflichtet war, ist der Feststellungsantrag ebenfalls unbegründet. Mangels eines Hauptanspruchs stehen den Klägern auch keine Ansprüche auf vorprozessuale Rechtsanwaltskosten zu. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO