Ausstellungsware gilt als Neuware

Aktenzeichen 22 U 33/91 OLG Düsseldorf vom 12. Juli 1991

 

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 15. Januar 1991 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 

Die Beklagte wird verurteilt, die gemäß Lieferschein vom März 1990gelieferte Anbauwand zu überarbeiten und zwar die Türen gängig und schließfähig zu machen sowie bei dem gemäß Lieferschein vom März 1990 gelieferten Lift – Couchtisch die gelieferten Kachelplatten mit Dekor gegen Kachelplatten ohne Motiv auszutauschen.

 

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

 

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

 

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 7/8 und die Beklagte 1/8.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Berufung ist nur hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages teilweise begründet.

 

Dem Kläger steht kein Recht zur Wandlung des Kaufvertrages zu. Durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind die Gewährleistungsansprüche des Klägers wirksam auf die Nachbesserung beschränkt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entsprechen § 11 Nr. 10 b AGBG.

Bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung

Nach dieser Vorschrift ist eine Beschränkung auf Nachbesserung oder Nachlieferung zulässig, wenn dem anderen Vertragsteil, ausdrücklich vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. Die Geschäftsbedingungen muss, um den Anforderungen des AGBG zu genügen, genau dem Inhalt von § 11 Nr. 10 b AGBG entsprechen. Es muss sich aus ihr klar ergeben, dass auch in diesen Fällen das recht zur Wandlung oder Minderung wieder auflebt. Deshalb muss für die Fälle des Fehlschlagens entweder ein Oberbegriff verwandt werden, oder es müssen alle in Betracht kommenden Fallgestaltungen erwähnt werden BGH NJW 85, 623, 630; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 6. Aufl., § 11 Nr. 10 b Rdn. 34,35). Diesen Anforderungen genügen die Geschäftsbedingungen der Beklagten, welche unter XII. Gewährleistung wie folgt lauten:

 

„Der Käufer kann Rückgängigmachung des Vertrages (Wandlung) und Herabsetzung des Preises (Minderung) verlangen, wenn der Verkäufer die Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung verweigert oder nicht erfolgreich ausführt.“

 

Denn durch die Bezeichnung „nicht erfolgreich ausführt“ sind alle in Betracht kommenden Möglichkeiten des Fehlschlagens der Nachbesserung durch einen Obergriff erfasst.

 

Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger danach nur Wandlung begehren könnte, sind nicht gegeben.

 

Nachbesserung ist nicht unmöglich. Unmöglichkeit käme in Betracht, wenn bereits die Tatsache, dass als Schrankwand das Ausstellungsstück geliefert worden ist, für sich genommen ein Mangel wäre. Das ist nicht der Fall.

Aufgrund des Kaufvertrages schuldete die Beklagte gemäß §§ 433 Abs. 1, 243 Abs. 1 BGB die Lieferung einer fabrikneuen Schrankwand. Dieser Anforderung genügte das Ausstellungsstück. Zwar hatte es unstreitig einige Zeit bei der Beklagten im Ausstellungsraum gestanden. Ein als Serienprodukt hergestellter Gebrauchsgegenstand ist jedoch auch dann, wenn er schon vor längerer Zeit hergestellt und beim Händler oder Hersteller gelagert worden ist, als fabrikneu anzusehen, wenn er aus neuem Material hergestellt und ungebraucht ist (Putzo in Palandt, BGB, 50. Aufl., § 459 Rdn. 39). Im Gegensatz zur Auffassung des OLG Hamm (MDR 83, 67) kann in der Ausstellung eines Möbelstücks in den Verkaufsräumen des Händlers keine Benutzung gesehen werden. Es handelt sich lediglich um die Präsentation zum Zwecks des Verkaufs. Auch kleinere Fehler schließen Fabrikneuheit grundsätzlich nicht aus, denn „neu“ bedeutet nicht „fehlerfrei“ (BGH NJW 80, 2129). Allenfalls dann, wenn erhebliche Mängel nach Verlassen des Herstellerwerks entstanden sind, müsste Fabrikneuheit verneint werden (BGH a.a.O.). Das ist aber hier nicht der Fall.

Sollte das Ausstellungsstück geliefert werden?

Nach dem von der Klägerin vorgelegten und zum Gegenstand ihres Parteivortrages gemachten Privatgutachten besteht der wesentliche Fehler darin, dass die Schrankwand nicht richtig aufgestellt und deshalb nicht in der Waage ist, was mit relativ geringem Aufwand ohne Einsatz von Ersatzteilen zu beheben ist. Anders als beim Kraftfahrzeug kommt es beim Möbelkauf auch nicht darauf an, ob zur Zeit des Verkaufs das Modell noch unverändert hergestellt wird. Die Bedeutung, die das Baujahr oder die Modellserie für den Wiederverkauf eines Kraftfahrzeuges hat, ist bei Möbeln nicht gegeben.

 

Soweit in der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, es sei ausdrücklich vereinbart gewesen, dass nicht das Ausstellungsstück geliefert werden sollte, stehe dies im Widerspruch zum früheren Vortrag des Klägers, dass er aufgrund des Preises und der vereinbarten Lieferzeit davon hätte ausgehen können, dass ein neuwertiges Stück geliefert würde, und ihm nach der Lieferung vom Verkäufer erklärt worden sei, dies ergebe sich aus dem Buchstaben „B“ in der Bestellnummer. Der Kläger hat eine solche ausdrückliche Vereinbarung in seiner Erklärung in der Berufungsverhandlung nicht behauptet. Er hat vielmehr erklärt, er habe bei seinen Kunden gefragt, jeder gehe davon aus, dass er, wenn er ein Möbel bestelle, ein fabrikneues Möbelstück erhalte. Das sei auch für ihn ganz klar. Von einer ausdrücklichen Vereinbarung, dass nicht das Ausstellungsstück geliefert werden sollte, kann daher nicht ausgegangen werden.

 

Hinsichtlich der übrigen von dem Kläger geltend gemachten Mängel ist Nachbesserung möglich, wie auch das von dem Kläger vorgelegte Privatgutachten ergibt.

 

Diese Nachbesserung hat auch die Beklagte nicht verweigert oder unzumutbar verzögert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeiter der Beklagten im April 1990 die Nachbesserungsarbeiten deshalb nicht durchgeführt hat, weil der Kläger keine Zeit hatte oder weil er sie nicht allein durchführen konnte. Auch im letzten Fall wäre der Kläger verpflichtet gewesen, noch einen weiteren Nachbesserungsversuch zu ermöglichen. Das Scheitern des ersten Versuchs nur deshalb, weil ein weiterer Arbeiter hinzugezogen werden musste, berechtigte den Kläger noch nicht, zum Minderungsbegehren überzugehen, wie er es mit Schreiben vom April 1990 getan hat, oder die Wandlung zu verlangen, wie es im Mai 1990 geschehen ist.

 

Ein Anspruch auf Ersatzlieferung, den der Kläger mit dem Hilfsantrag geltend macht, steht ihm ebenfalls nicht zu. Nach der Lieferung der gekauften Sache stehen dem Käufer nur noch die gesetzlichen oder vertraglichen Gewährleistungsansprüche zu. Das ist im vorliegenden Fall die Nachbesserung. Einen Anspruch auf Ersatzlieferung räumen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten dem Kläger nicht ein, lediglich der Beklagten ist die Ersatzlieferung an stelle der Nachbesserung gestattet.

Waren Mängel bei Übergabe vorhanden?

Nachbesserungsansprüche macht der Kläger mit dem zweiten Hilfsantrag geltend. Er verlangt Überarbeitung der Schrankwand und begehrt im einzelnen, die Türen gängig und schließfähig zu machen und Anstoßstellen, Löcher sowie Kratzer zu beheben, bezüglich des Tisches verlangt er nur den Austausch der mit Motiv gelieferten Kacheln. Das Nachbesserungsbegehren ist gerechtfertigt, soweit verlangt wird, die Türen der Schrankwand gängig und schließfähig zu machen und die Kacheln des Tisches auszutauschen.

 

Insoweit ist das Vorbringen des Klägers substantiiert. Aufgrund des gesamten Akteninhalts ist der Senat überzeugt, dass diese Mängel vorliegen. Die Beklagte selbst hat im April 1990 geschrieben, bei der Lieferung des Schrankes seien einige Mängel festgestellt worden. Sie hat in erster Instanz zunächst geltend gemacht, sie habe sich bemüht, eine Nachbesserung vorzunehmen. Soweit die Beklagte nunmehr Mängel überhaupt bestreitet, setzt sie sich in Widerspruch zu diesem Vorbringen. Der Senat ist aufgrund des substantiierten Vortrages des Klägers, zu dem auch das von ihm vorgelegte Privatgutachten gehört, und aufgrund des Verhaltens der Beklagten überzeugt, dass dieser Mangel ebenso vorliegt, wie der Mangel des Tisches.

 

Auch dieser Mangel ist im Privatgutachten dargestellt, die Beklagte selbst hat hierzu in erster Instanz vorgetragen, sie habe einen Ersatztisch bestellt und angeboten. Soweit der Kläger allgemein Überarbeitung begehrt und insbesondere auch Nacharbeiten von Anstoßstellen, Löchern und Kratzern aufführt, ist der Antrag nicht ausreichend bestimmt und das Vorbringen des Klägers nicht hinreichend substntiiert. Der Kläger hat nicht angegeben, welche Beschädigungen an welchen Stellen vorhanden sein sollen und welchen Umfang diese haben sollen. Hinsichtlich der in dem Privatgutachten erwähnten drei Druckstellen an den Lisenen der Unterschränke ist nicht klar, ob es sich dabei um die vom Kläger erwähnten Anstoßstellen, Löcher und Kratzer handelt und ob diese schon bei Lieferung vorhanden waren.

 

Die Zahlung eines Minderungsbetrages von 450 DM neben der Nachbesserung kann der Kläger ebenfalls nicht verlangen. Durch die Nachbesserung werden die Mängel, soweit sie hinreichend substantiiert dargetan sind, beseitigt. Ein Minderungsanspruch besteht daneben nicht. Das freiwillige Angebot der beklagten im Schreiben vom April 1990, einen entsprechenden Preisnachlass zu gewähren, hat der Kläger nicht angenommen.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.

 

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO) liegen nicht vor.

 

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