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Schiefe Rückenlehne des Sofas

Für Recht erkannt:

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand:

 

Die Parteien streiten um kaufrechtliche Gewährleistungsrechte. Der Kläger erwarb bei der Beklagten am 10.04.2017 eine Sofagarnitur bestehend aus zwei Ledersofas zum Preis von 4.478,00 €. Die Lieferung der Sofagarnitur erfolgte im Juli 2017. Am 24.07.2017 beanstandete der Kläger gegenüber der Beklagten, dass die beiden Kissen an der Rückenlehne aus Blickrichtung auf das Sofa schief angebracht sind.

 

Die Beklagte wies die Beanstandungen des Klägers mit Schreiben vom 12.01.2018 zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.01.2018 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Kläger behauptet, die Polster an der Rückenlehne seien schief angebracht. Er ist der Ansicht, der Mangel sei auch erheblich.

 

 

Der Kläger beantragt,

 

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.478‚00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Rücknahme des schwarzen 2,5 und 2- -sitzigen Ledersofas.

 

2. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des schwarzen 2,5 und 2-sitzigen Ledersofas, in Verzug befindet;

 

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Anwaltsrechnung im Schreiben vom 31.01.2018 in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr am Wert 4.478,00 € nebst Auslagen und Mehrwertsteuer von Insgesamt 492,54 € freizustellen.

 

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte ist der Ansicht, eine angebliche schiefe Naht berechtige nicht zum Rücktritt, da der Mangelbeseitigungsaufwand unterhalb von 5 % des Kaufpreises liege. Jedenfalls müsse sich der Kläger die Gebrauchsüberlassungsvorteile anrechnen lassen. Ausweislich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen betragen diese 45 % des Kaufpreises. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen und mündlichen Gutachtens des Sachverständigen.

 

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vom 07.12.2018 und 21.06.2021 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2021 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Klage ist unbegründet.

 

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.478,00 €, Feststellung des Annahmeverzugs oder Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

 

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Sofagarnitur gem. 8$ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB. Der Rücktritt ist aufgrund Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgeschlossen, § 323 Abs. 58.2 BGB.

Die Pflichtverletzung ist unerheblich

Im Falle der nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung ist der Rücktritt gem. & 323 Abs. 58.2 BGB ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Die Rechtsprechung beurteilt die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall. Dabei unterscheidet sie bei der Konkretisierung der Unerheblichkeit zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln.

 

Bei behebbaren Mängeln kommt es in erster Linie auf den Aufwand an, der für die Behebung des Mangels erforderlich ist. Ist die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers noch unklar, so steht allerdings meist auch der zur Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand noch nicht fest. Die Rechtsprechung stellt in diesen Fällen auf die von dem Mangelsymptom ausgehende Funktionsbeeinträchtigung ab.

 

Bei einer sehr geringfügigen Funktionsbeeinträchtigung kann die Erheblichkeit auch trotz Überschreitung der 5%-Schwelle abzulehnen sein. (vgl. BeckOGK/Looschelders, 1.11.2021, BGB § 323 Rn. 312).

 

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist die durch den Sachverständigen festgestellte fehlerhafte Positionierung am Rückenpolster des 2,5-Sitzers unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Mangelbeseitigungsaufwand bei ca. 180,00 € zuzüglich Umsatzsteuer — wie im Gutachten vom 07.12.2018 angegeben — oder nunmehr aufgrund weiterer eventuell erforderlicher Arbeiten höher anzusetzen ist. Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung — und letztendlich auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - stand der konkrete Aufwand zur Mängelbeseitigung noch nicht fest.

Eine Funktionsbeeinträchtigung ist nicht ersichtlich

Nach den Angaben des Sachverständigen ist es vielmehr erforderlich, das Rückenpolster am Sofa zu lösen, um den konkreten Verlauf der verdeckten Naht an der Gestellabdeckung und eine eventuelle Fehlerhaftigkeit dieser Naht festzustellen.

 

Darauf kommt es letztendlich jedoch nicht an, da in derartigen Fällen, in denen lediglich das Mangelsymptom, aber nicht der konkrete Mangelbeseitigungsaufwand bekannt ist, die Rechtsprechung allein auf die Funktionsbeeinträchtigung abstellt. Eine Funktionsbeeinträchtigung ist vorliegend nicht ersichtlich.

 

Die Sofagarnitur eignet sich uneingeschränkt für den Verwendungszweck als Sitzmöbelstück. Auch die Bequemlichkeit der Sofagarnitur ist angesichts des leichten Versatzes der mittleren Naht der Rückenpolster von 2,3 cm nicht betroffen. Allenfalls geringe optische Beeinträchtigungen bestehen, die für den nicht informierten Betrachter nach Angaben des Sachverständigen nicht augenfällig sind.

 

Auch für das informierte Gericht ist der Versatz zwischen den Rückenpolstern der Sofagarnitur anhand der Lichtbilder Bl. 94f. d. A. erst bei genauer Betrachtung zu erkennen. Das Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nach eigener kritischer Würdigung vollumfänglich an. Der Sachverständige ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für industriell gefertigte Möbel und Polstermöbel und damit für die vorliegende Begutachtung besonders

 

qualifiziert. Die Gutachten sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und ohne weiteres nachvollziehbar. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs. Da die Beklagte zur Rücknahme der Polstergarnitur nicht verpflichtet ist, besteht kein Annahmeverzug der Beklagten gem. § 293 BGB.

 

Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Zinsen oder vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert wird auf 4.478,00 EUR festgesetzt.

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