Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei mangelhafter Nacherfüllung

Bei einer Ersatzlieferung oder dem Durchführen von Nachbesserungsarbeiten auf dem Wege der Kulanz wird in der Regel davon ausgegangen, dass der Verkäufer die Mängelansprüche des Kunden anerkennt.Dies führt dazu, dass die Verjährung erneut beginnt.

 

Nicht jeder, der Nachbesserungsarbeiten oder eine Ersatzlieferung vornimmt, will damit gleichzeitig den Mangelanspruch des Kunden anerkennen. Dies sollte gegenüber dem Kunden auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden. Es muss dem Kunden unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass aus Kulanz oder zum Zwecke der gütlichen Streitbeilegung gehandelt wird. Dies sollten man auf jeden Fall zu Beweiszwecken auch schriftlich dokumentieren.

 

Im Gegensatz zur Nachbesserung, bei der sich die Verjährung nur auf den reklamierten, nicht beseitigten Mangel bzw. durch die Nachbesserung neu entstehende Mangel bezieht, umfasst bei der Ersatzlieferung der Neubeginn der Verjährung sämtliche Mangel der neuen Sache !

Zum Lauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei mangelhafter Nacherfüllung

Gelegentlich kommt es zu folgender, für den Händler besonders ärgerlichen, Fallkonstellation.

 

Ein Möbelhändler veräußert an einen Verbraucher ein Möbelstück. Etwa ein gutes halbes Jahr später rügt der Kunde an dem Möbelstück diverse Mangel. Der Möbelhändler nimmt die Ware zurück und liefert ca. 6 Wochen später Ersatz. Kurz bevor ein Zeitraum von 2 Jahren seit der Ersatzlieferung abgelaufen ist, meldet sich der Kunde erneut und rügt nun Mangel an dem zum Ersatz gelieferten Möbelstück.

 

Der Händler fragt sich nun, ob er erneut den Mängelrügen des Kunden nachgehen muss oder ob er sich auf die Verjährung der Mängelansprüche berufen kann. Schließlich sind seit der Erstlieferung bereits weit mehr als 2 Jahre vergangen. Er befürchtet, nun über Jahre hinaus immer wieder Mängelansprüchen ausgesetzt zu sein.

 

Die Sorgen des Möbelhändlers sind begründet. Dies zeigen die nachstehenden Ausführungen.

 

Die kaufvertraglichen Regelungen im BGB halten keine Antwort auf die Fragen des Möbelhändlers bereit. In § 439 Abs. 1 BGB ist lediglich geregelt, dass die Nacherfüllung durch die Beseitigung eines Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache erfolgen kann. Dem lässt sich entnehmen, dass mit einer mangelhaften Nacherfüllung die Ansprüche des Kunden noch nicht erfüllt sind. Nicht geregelt ist jedoch, ob und welche Auswirkungen eine mangelhafte Nacherfüllung auf den Ablauf der Verjährungsfrist fiir Versteckter Text Seitennummer Mängelansprüche hat. Soweit dieses durchaus praxisrelevante Problem in der Literatur (s. z.B. Auktor NJW 2003 S. 120 ff.) Überhaupt erörtert wird, wird es anhand der allgemeinen Verjährungsregeln gelöst; veröffentlichte Rechtsprechung ist dazu - soweit ersichtlich - noch nicht ergangen.

 

Angenommen wird, dass in der Regel in der Tatsache einer Ersatzlieferung oder der Vornahme von Nachbesserungsarbeiten durch den Verkäufer ein Anerkenntnis der Mangelansprüche des Kunden liege. Ein solches Anerkenntnis führt nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dazu, dass die Verjährung erneut beginnt.

 

Ob nun eine Ersatzlieferung ein solches Anerkenntnis darstellt oder nicht, ist nach der Rechtsprechung zum ,,alten” Schuldrecht (z. B. BGH NJW 1999, 2961 ff.) unter Würdigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Dabei ist maßgeblich, ob der Verkäufer aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streites, sondern in dem Bewusstsein gehandelt hat, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein. Letzteres wird man insbesondere bei nicht unerheblichen Nachbesserungsarbeiten oder Ersatzlieferungen von nicht unerheblichem Wert annehmen können, es sei denn, die Umstände ergeben etwas anderes.

Hat man aus Kulanz oder zum Zwecke der gütlichen Streitbeilegung gehandelt?

 

 

Das führt zu folgender Empfehlung:

 

Derjenige Verkäufer, der Mangelanspriüche gerade nicht anerkennen, aber aus anderen Gründen Nachbesserungsarbeiten oder eine Ersatzlieferung vornehmen will, sollte gegenüber dem Kunden unmissverstandlich zum Ausdruck bringen, dass er aus Kulanz oder zum Zwecke der gütlichen Streitbeilegung handelt, und dies nach Möglichkeit zu Beweiszwecken auch schriftlich. Tut er dies nicht, wird er sich in einem späteren Rechtsstreit kaum mit Erfolg darauf berufen können, er habe lediglich aus Kulanz gehandelt.

 

Bei der Beseitigung eines Mangels durch Reparatur der mangelhaften Sache o.a. (Nachbesserung) soll der Verkäufer im übrigen „verjährungstechnisch” besser dastehen als bei einer Ersatzlieferung:

 

Bei der Nachbesserung beziehe sich der Neubeginn der Verjährung nur auf den gerügten, nicht beseitigten Mangel und die Mangel, die bei der Nachbesserung neu entstehen. Bei der Ersatzlieferung hingegen umfasse der Neubeginn der Verjährung hingegen alle Mängel der neuen Sache. Auch auf diese Differenzierung sollte der Verkäufer achten.

 

Im Beispielsfall war bei der Rüge von Mängeln an der ,,Ersatzsache“ der Lauf der neu begonnenen Verjährungsfrist noch nicht beendet. Der Verkäufer müsste also erneut den Mangelansprüchen des Kunden nachkommen.

 

Liegt ein Anerkenntnis des Verkäufers nicht vor, komme noch eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 BGB oder § 203 BGB analog in Betracht. § 203 BGB regelt den Fall, dass zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch stattfinden. Die Verjährung ist dann solange gehemmt,bis einer der beiden Teile die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Dabei wird der Begriff der "Verhandlung" weit ausgelegt. Er soll jeden Meinungsaustausch zwischen den Beteiligten über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen erfassen, wenn nicht sofort erkennbar die Verhandlung abgelehnt wird. Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf für das modernisierte Schuldrecht ergibt sich, dass Verhandlungen in diesem Sinne in jedem Fall gegeben sein sollen, solange der Verkäufer im Einverständnis mit dem Käufer überprüft, ob der gerügte Mangel überhaupt besteht (BT-Dr 14/6040, S. 111). Der Verkäufer sollte also Verhandlungen so schnell wie möglich zum Abschluss bringen und auch - schriftlich - unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er die Verhandlungen als Seitennummer beendet ansehe oder ggf. sofort deutlich machen, dass er Verhandlungen nicht aufnehme.

 

Findet nun eine Überprüfung oder ein sonstiger Meinungsaustausch nicht statt, sondern wird einfach Ersatz geliefert, dann sind Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB nicht gegeben. Für diesen Fall wird erwogen, für die Dauer des Nachbesserungsversuchs § 203 BGB analog anzuwenden. Dadurch soll vermieden werden, dass der Käufer während der Dauer des Nacherfüllungsversuchs Gefahr läuft, die Mängelansprüche wegen Verjährung zu verlieren. Diese Hemmung beginnt dann mit den Nacherfüllungsverlangen des Käufers bzw. dem Beginn der Nacherfüllung durch den Verkäufer. Sie soll enden mit der Lieferung einer Ersatzsache oder der Nachbesserung durch den Verkäufer. Hinzu kommt in jedem Fall eine zusätzliche Ablaufhemmung nach § 203 Satz 2 BGB von mindestens 3 Monaten.

 

Der Käufer ist also durch die gesetzlichen Regelungen umfassend geschützt. Die ursprünglich zweijährige Verjährungsfrist kann sich bei mangelhafter Nacherfüllung erheblich - im schlechtesten Fall um ein Mehrfaches - verlängern. Umso wichtiger ist es für den Verkäufer, genau den Ablauf der Verjährungsfrist festzustellen. Denn ist die Verjährungsfrist erst einmal abgelaufen, kann sie weder neu beginnen noch gehemmt werden.

 

Es ist auch darauf zu achten, dass ein bloßes Nacherfüllungsverlangen des Käufers die Verjährung weder hemmt noch neu beginnen lässt. Erforderlich ist immer auch eine Handlung des Verkäufers, also entweder die Aufnahme von Verhandlungen für den Fall der Hemmung oder aber die Vornahme von Nachbesserung oder Ersatzlieferung als Anerkenntnis der Mängelansprüche. Lehnt der Verkäufer Verhandlungen oder Nacherfüllung ab oder aber reagiert er überhaupt nicht, ist der Käufer darauf angewiesen, Klage zu erheben, um die Verjährung zu hemmen.