Ausschluß bestimmter Schadensursachen in den AGB's

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Die Berufung des Klägers gegen das am 05.03.1991 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil dahingehend teilweise abgeändert, dass von den in Ziffer I. 1 ausgesprochenen Unterlassungspflichten und dem in Ziffer IV ausgesprochenen Verbot die unter Ziffer I 4. (Ziffer V Nr. 3 Satz 5 der ABG) und Ziffer I Nr. 11 (Ziffer XII Nr. 1 erster (Halb-) satz der AGB) angegebenen Klauseln ausgenommen werden.

 

Insoweit wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 17,5 %, die Beklagte 82,5 ®%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 13, 2 %, die Beklagte 86,8 %.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verbrauchermarktkette vertreibt Möbel, Matratzen, Bettwäsche etc.

Tatbestand:

 

Der klagende Verein, der nach seiner Satzung bezweckt, unter Ausschluß eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern, wendet sich im Wege der Kontrollklage nach $ 13 AGB-Gesetz (AGBG) gegen die Verwendung von mehreren Klauseln der von der Beklagten aufgestellten "Lieferungsbedingungen", die diese beim Verkauf von Möbeln und Einrichtungsgegenständen verwendet.

 

Die Beklagte, die eine Verbrauchermarktkette betreibt, schließt über Möbel, Matratzen, Bettwäsche etc. auch Finanzkaufverträge ab. Dabei verwendet sich vorgedruckte Formulare mit der Überschrift "Finanzkauf", auf deren Rückseite ebenfalls die beanstandeten Klauseln abgedruckt sind. Der Kläger macht auch die Unwirksamkeit von Klauseln auf der Vorderseite des Formulars "Finanzkauf" geltend.

 

In Bezug auf Kaufverträge nimmt der Kläger die Beklagte noch wegen folgender Bestimmungen, die nach seiner Ansicht gegen das AGB-Gesetz verstoßen, auf Unterlassung in Anspruch:

 

l. Für den Fall eines Rechenfehlers oder einer Preisverwechslung auf Seiten des Verkäufers steht dem Verkäufer innerhalb angemessener Frist nach Eingang der Auftragserteilung (Angebot des Käufers) beim Verkäufer ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag zu (Ziffer II Nr. 3).

 

2. Bei Arbeiten nach Holzproben sowie bei Ergänzungsstücken wird keine Gewähr für gleiche Tönung und Holzstruktur übernommen (Ziffer V Nr. 3 Satz. 2).

 

3. Unwesentliche Abweichungen der Lieferungen in Form und Maßen sind vertragsgemäß (Ziffer V Nr. 3 Satz 3).

 

4. a) Die Holzbezeichnung bezieht sich auf die wesentlichen Flächen der Front, Tischplatte u.s.w. (Ziffer V Nr. 3 Satz 4).

 

4. b) Die Mitverwendung anderer geeigneter Holzarten oder anderer Materialien ist zulässig (Ziffer V Nr. 3 Satz 5).

 

5. Bei Ergänzungsstücken ist eine unwesentliche Abweichung vertragsgemäß (Ziffer V Nr. 5).

 

6. Störungen im Geschäftsbetrieb, insbesondere Arbeitsausstände und Aussperrungen sowie andere Fälle höherer Gewalt sowohl bei dem Verkäufer als auch bei dessen Vorlieferanten verlängern die Lieferfristen entsprechend. Der Käufer kann hieraus keine Schadensersatzansprüche herleiten (Ziffer VI Nr. 3 Sätze 1,2).

 

7. Dem Verkäufer wird ein Rücktrittsrecht zugestanden, sofern der Hersteller die bestellte Ware nicht oder nicht mehr produziert oder trotz Mahnung mit Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung nicht liefert, aus Gründen, die allein der Hersteller zu vertreten‘... hat (Ziffer VI Nr. 4).

 

8. Der Kunde erklärt sich mit Teillieferungen einverstanden (Ziffer VII Nr. 4).

 

9. Die Gewährleistung erstreckt sich nicht ... auf Mängel, die durch Feuchtigkeit, starke Erwärmung der Räume, sonstige Temperatur- oder Witterungseinflüsse ... entstehen (Ziffer X Nr. 2).

 

10. Im übrigen haftet der Verkäufer nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das gilt auch für Verschulden von gesetzlichen Vertretern, Erfüllungsgehilfen und Verschulden bei Vertragsverhandlungen (Ziffer X Nr. 2 ).

 

11.Kommt' der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, so hat er für den noch offenen Kaufpreis Verzugszinsen welche 2 % über dem jeweils gültigen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank liegen, zu zahlen; pro angefangenen Monat wird 1/12 des Jahreszinses fällig (Ziffer XI Nr. 1 Satz 1).

 

12. Entsteht dem Verkäufer Schaden wegen verspäteter Abnahme, so beträgt dieser 1 % des Kaufpreises (Ziffer XV Nr. 2). In Bezug auf Finanzkaufverträge nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung folgender Bestimmungen in Anspruch:

Diese Entschädigung bemisst sich aufgrund allgemeiner Erfahrungsrichtlinien

1. Ich bestätige hiermit, darauf hingewiesen zu sein, daß ich mein Vertragsangebot innerhalb einer Woche durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verkäufer ... widerrufen kann (Satz 1 der Belehrung auf der Vorderseite des Finanzkaufvertrages).

 

2. Eine vollständige Kopie des Auftrages habe ich erhalten (Satz 3 der Belehrungsrubrik).

 

3. Soweit Lieferfristen vereinbart werden, beginnen diese mit dem Ende der Widerrufsfrist des Käufers (Ziffer VI Nr. 1).

 

4. Diese Entschädigung bemisst sich aufgrund allgemeiner Erfahrungsrichtlinien wir folgt:

 

1. …

 

2. Als Sätze für Wertminderung und Gebrauchsüberlassung der gelieferten Gegenstände gelten als vereinbart.

 

2.a) Möbel mit Ausnahme von Polsterwaren, Matratzen und Bettwäsche. Bei Rücktritt und Rückgabe nach Lieferung innerhalb des 1. Halbjahres 25 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge, innerhalb des 2. Halbjahres 35 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge,

innerhalb des 3. Halbjahres 45 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge,

innerhalb des 4. Halbjahres 55 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge,

innerhalb des 3. Jahres 60 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge,

innerhalb des 4. Jahres 70 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge,

innerhalb des 5. Jahres 75 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge

 

(Ziffer XIII Nr. 1 (2), (2.a)).

 

5. Matratzen, Bettwäsche, Gardinen sowie Dekorationsstoffe 100 v.H. des Bestellpreises ohne Abzüge, da sie für den Verkauf wertlos sind (Ziffer XIII Nr. 1 2. c).

 

6. Einer Abrechnung im.einzelnen bedarf es nicht (Ziffer XIII

 

Nr. 2).

 

Der Kläger verlangt, dass die Beklagte die Verwendung der beanstandeten Klauseln im Zusammenhang mit Kaufverträgen über Möbel bzw. bei finanzierten Kaufverträgen über Möbel - ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes - unterlässt und sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse nicht auf sie beruft.

 

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat dem Klagebegehren nur hinsichtlich der Klausel I Nr. 4 a sowie einer weiteren Klausel - insoweit hat der Kläger die Entscheidung des Landgerichts hingenommen - nicht entsprochen. - Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger verfolgt sein die Klausel I Nr. 4 a betreffendes Unterlassungsbegehrten weiter, die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren.

In der Sache bleibt jedoch die Berufung des Klägers ohne Erfolg

Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die angefochtene Entscheidung sowie den Inhalt der Schriftsätze und der zu der Gerichtsakte überreichten Urkunden Bezug genommen.

Das Senatsurteil vom 17.05.1991 - 2 U 1551/89 - lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Berufungen der Parteien sind zulässig. In der Sache bleibt jedoch die Berufung des Klägers ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klausel I Nr. 4 a zutreffend als wirksam angesehen. Die Berufung der Beklagten hat zu einem geringen Teil Erfolg. Die Klauseln I Nr. 4 b und I Nr. 111. (Halb-) satz verstoßen nicht gegen das AGB-Gesetz. Der Kläger nimmt die Beklagte somit zu Recht auf Unterlassung der Verwendung folgender Klauseln in Anspruch:

 

I. Nr. 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 2. (Halb-) satz und 12; II. Nr. 1, 2, 3, 4, S und 6. Hinsichtlich der Klauseln I Nr. 4 a, Nr. 4 b und Nr. 11 1. (Halb-) satz ist sein Klagebegehren unbegründet.

 

A.

 

I. Die nach herrschender (vgl. Wolf-Horn-Lindacher, AGB Gesetz, 2. Aufl., § 13 Rnr. 21; Ulmer-Brandner-Hensen, AGB Gesetz, 6. Aufl., § 13 Rnr. 40) und auch vom Senat geteilter Auffassung von Amts wegen zu prüfende Klagebefugnis des klagenden Vereins nach § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 AGBG ist gegeben. Der Kläger ist - was dem Senat aus mehreren Verfahren bekannt ist - eine Gründung der Verbraucherzentrale der einzelnen Bundesländer, der Stiftung Warentest und anderer auf dem Verbrauchersektor tätiger juristischer Personen.

 

Er verfolgt satzungsgemäß das Ziel, unter Ausschluss eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, u.a. durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen gegen unzulässige allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die gegenüber Nichtkaufleuten verwendet werden.

Wird das Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen genommen?

II. Für die Klage ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Dies liegt für eine Kontrollklage nach § 13 AGBG regelmäßig ohne weiteres vor und setzt nicht einmal eine Abmahnung des Verwenders der AGB - hier der Beklagten - voraus. Es würde nur nach Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtung der Beklagten fehlen (vgl. Lindacher a.a.O., § 13 Rnr. 19; Hensen, a.a.O., § 13 Rnr. 33). Die Beklagte hat indessen hinsichtlich der beanstandeten Klauseln eine derartige Unterlassungserklärung nicht abgegeben.

 

B.

 

I. Hinsichtlich der Klauseln, deren Verwendung beim Abschluss von Kaufvertragen generell, also nicht auf Finanzkaufverträge beschrankt, beanstandet wird, gilt folgendes:

 

1. Die Klausel Nr. 1 ist, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, unwirksam. Die Unwirksamkeit folgt bereits daraus, dass die Klausel den Kunden gemäß § 9 Abs. 1, Abs.

 

2 Nr. 1 AGBG unangemessen benachteiligt. Die Klausel räumt dem Verwender für den Fall eines Irrtums, der ihn zur Anfechtung gemäß § 119 BGB berechtigte, ein Rücktrittsrecht ein. Damit Wird dem Kunden: das Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 122 BGB genommen, und zwar selbst in den Fallen, in denen der Rechenfehler oder die Preisverwechslung auf grob fahrlässiges Verhalten des Verwenders zurückzuführen sind.

 

2. Auch die Klausel Nr. 2 ist unwirksam. Das Landgericht hat zu Recht einen Verstoß gegen § 11 Nr. 11 AGBG angenommen. Die Klausel enthält nach ihrem Wortlaut einen Gewährleistungsausschluss. Sie gilt auch für den Fall der Abweichung des Möbelstücks vom Inhalt einer Zusicherung. Sie kann nicht einschränkend dahin verstanden werden, dass sie für den Fall einer Eigenschaftszusicherung nicht gelte. Um dem Verwender einer Formularbestimmung jede Möglichkeit zu nehmen, sich gegenüber seinen Vertragspartnern auf eine nach dem Wortlaut mögliche Auslegung zu berufen, ist für die Inhaltskontrolle nach §§ 9, 13 AGBG von der sog. kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen (BGHZ 91, 55, 61; 95, 326, 365 ff.; BGH CR 1992, 717).

 

Dabei ist entscheidend, wie der typischerweise angesprochene Personenkreis - also der rechtlich nicht vorgebildete durchschnittlich Möbelkäufer - die Klausel verstehen muss oder jedenfalls verstehen kann (vgl. BGH NUJW 1985, 320, 321). Damit ist die Klausel hier in dem dargelegten umfassenden Sinn auszulegen.

 

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